Zu allererst – ich bin absolut kein Paradebeispiel für jemanden der alleine mit dem Rucksack loszieht. Die Geschichten, die man sonst so liest und hört – da geht es um Menschen, die monatelang – wenn nicht sogar ein ganzes Jahr mit dem Rucksack durch Australien, Südostasien oder Südamerika ziehen. Das ist für mich gar nicht in Frage gekommen, denn ich bin ein ziemlich heimeliger Mensch. Ich bin zwar gerne unterwegs, aber meistens möchte ich nach der zweiten Woche auch schon wieder nach Hause, um auch die ganzen gewonnenen Eindrücke in Ruhe verarbeiten zu können.

Ich bin nun dieses Mal alleine nach Neuseeland und Japan losgezogen, allerdings auch nicht so wirklich alleine, denn in Neuseeland bin ich bei einem Freund untergekommen und hatte somit sofort Anschluss. In Japan bin ich effektiv 10 Tage alleine herumgezogen, während meine Schwester dann zum Ende hin dazugestoßen ist. Es war also wirklich nur ein „kleiner Zeh im kalten Wasser“ was das alleine Reisen angeht.Für erfahrene Soloreisende ist das ein Klacks – wahrscheinlich nichts nennenswertes, für mich jedoch eine ganz neue Erfahrung, denn sonst bin ich ja immer mit Freunden, Familie oder Partner unterwegs.

Wie alleine Reisen sich angefühlt hat

Der Vorteil am alleine Reisen ist, dass man keinerlei Erwartungen und Wünsche anderer Menschen erfüllen muss. Man muss keine Kompromisse eingehen. Man muss nur sich selbst gegenüber Rechenschaft ablegen. Keine Lust auf das Kunstmuseum? Geh halt nicht hin. Das Restaurant sieht nicht ansprechend aus? Dann such dir woanders was zu essen. Man muss nicht auf die Bedürfnisse anderer Rücksicht nehmen und macht wirklich nur das, worauf man Lust hat.

Zum Thema Rücksicht – gerade wenn es um das Wandern oder lange Wegstrecken geht bin ich nicht der allzu fitteste Mensch – wenn man mit anderen unterwegs ist, dann neigt man dazu sich dem Tempo der anderen Person(en) anzupassen, auch wenn diese nicht dem eigenen entsprechen – das kann schnell ganz schön unangenehm werden – in Japan herrschten bei meinem Aufenthalt zum Beispiel jeden Tag mehr als 30 Grad Celsius. Als ich dort unterwegs gewesen bin, habe ich mich gefühlt alle 5-10 Minuten irgendwo in den Schatten gesetzt und Pause gemacht und Wasser getrunken.

Oder ich bin in einen der vielen Convinience Stores gegangen, um mich von der Klimaanlage abkühlen zu lassen. Alleine kann man sein Tempo und die Pausen so wählen, wie es einem am besten passt – und das ist wirklich sehr angenehm. Man ist alleine – die Gedanken schweifen ab, man ist dazu gezwungen über viele verschiedene Dinge nachzudenken, sei es positiv oder negativ. Man schwelgt in Erinnerungen, holt Verdrängtes wieder hervor oder wird sich neuen Erkenntnissen bewusst. Keine Ablenkung – nur Ruhe. Wenn man alleine unterwegs ist, dann lernt man andere Menschen kennen! Man muss – denn irgendwie ist man dazu gezwungen, sonst verkümmert man schnell und fühlt sich einsam und traurig – so ist es zumindest bei mir! Irgendwelche Fremden aus anderen Ländern kennenzulernen ist so spannend – es öffnet einen, es erweitert den eigenen Horizont!

Auch wenn ich die beiden Punkte wirklich sehr angenehm fand, gab es natürlich auch noch die andere Seite. Die Nachteile am alleine Reisen überwiegen für mich. Wenn man sich an einem Ort befindet, der so schön ist. Wenn man einen Moment erlebt, der kaum zu beschreiben ist, weil einem die Worte fehlen – es ist hinterher unglaublich schwierig dieses Gefühl in Worte zu fassen und seinen Lieben daheim zu erklären, wie ergriffen man in diesem einen Moment gewesen ist, was man gefühlt hat. Einen solchen Moment alleine zu erleben ist wunderschön. Ihn mit jemandem zu teilen, den man liebt ist unbezahlbar, ist kostbar und wichtig.

Als ich in Japan angekommen bin, bin ich ein wenig in ein Tief gerutscht – ich habe mich so unglaublich auf Japan gefreut, aber die ersten zwei Tage war ich krank und es fiel mir so schwer mich bei der erdrückenden Hitze dazu zu motivieren irgendetwas zu tun. Zum Glück habe ich es trotzdem getan, aber ich finde, dass es viel einfacher ist sich für Sightseeing zu motivieren, wenn man nicht allein ist – wenn man sich gegenseitig antreiben kann. Außerdem muss ich auch noch dazu sagen, dass ich mich nach ein paar Tagen wirklich, wirklich einsam gefühlt habe – ich glaube, wenn ich in einem Land gewesen wäre, in dem die Menschen besser englisch sprechen, dann wäre das kein Problem gewesen, aber dadurch, dass in Japan so gut wie niemand englisch gesprochen hat, war es auch einfach sinnlos irgendwen einfach mal anzuquatschen – weil sowieso nichts zurückkommt, was man verstehen würde.

So habe ich gefühlt eine Woche lang (bis auf einige Ausnahmen) fast gar nicht geredet – unglaublich – ich hätte niemals gedacht, dass einen so etwas so schnell bedrückt! Ich habe mich sogar über Couchsurfing mit einem litauischen Mädchen und einem anderen Frankfurter getroffen und das war wirklich schön!! Zum einen neue Menschen kennenzulernen und zum anderen soziale Interaktion zu genießen. Wenn man sich schlecht fühlt oder man müde ist, dann kann man nichts auf jemand anderen „abladen“ – man kann sich nur auf sich selbst verlassen – das mag gut sein, um selbstständiger zu werden, aber ist es nicht schön, wenn man sich ein bisschen auf jemand anderen verlassen kann?

Long story short – ich bereue es auf jeden Fall nicht alleine losgezogen zu sein – ich fand es wundervoll so viele Erinnerungen gemacht zu haben, viel Zeit zum Nachdenken über alles Mögliche gehabt zu haben, immer ganz ohne Rücksicht auf andere meine eigenen Wünsche und Vorstellungen umzusetzen und das machen zu können worauf ich eben Lust habe. Trotzdessen reise ich am Liebsten mit anderen zusammen – mit Freunden, mit der Familie und natürlich mit meinem zukünftigem Ehemann. Erinnerungen mit anderen Menschen zu teilen stellt Verbindungen her. Wertvolle Verbindungen, Dinge auf die man zurückblicken kann. Dinge, die den Sinn des Lebens ausmachen.